Die 11 wichtigsten Cannabinoide - Übersicht, Wirkung & Anwendung

Die 11 wichtigsten Cannabinoide - Übersicht, Wirkung & Anwendung Sep, 22 2025

Cannabinoid ist ein organisches Molekül, das in der Cannabispflanze vorkommt und mit dem menschlichen Endocannabinoid‑System interagiert. Es gibt über 100 verschiedene Cannabinoide, doch elf davon dominieren die Forschung und Anwendung. Die folgenden Abschnitte erklären, was diese elf Cannabinoide genau sind, wie sie sich chemisch unterscheiden und welche therapeutischen Potenziale sie besitzen.

Übersicht der 11 wichtigsten Cannabinoide

Die Liste umfasst sowohl psychoaktive als auch nicht‑psychoaktive Verbindungen. Jeder Stoff hat eigene Eigenschaften, die von seiner chemischen Struktur, seiner Bindungsaffinität zu CB1‑ oder CB2‑Rezeptoren und seiner Häufigkeit in verschiedenen Pflanzenteilen abhängen.

  • Δ⁹‑Tetrahydrocannabinol (THC) - das bekannteste psychoaktive Cannabinoid.
  • Cannabidiol (CBD) - nicht psychoaktiv, breit gefächertes therapeutisches Profil.
  • Cannabigerol (CBG) - Ursprung aller anderen Cannabinoide, wirkt antibakteriell.
  • Cannabinol (CBN) - leicht psychoaktiv, entsteht aus THC‑Abbau.
  • Cannabichromen (CBC) - entzündungshemmend, wirkt synergistisch mit anderen Cannabinoiden.
  • Tetrahydrocannabivarin (THCV) - teils psychoaktiv, kann Appetit unterdrücken.
  • Cannabidivarin (CBDV) - strukturell ähnlich zu CBD, erforscht bei Epilepsie.
  • Tetrahydrocannabinolsäure (THCA) - nicht psychoaktiv, Vorläufer von THC.
  • Cannabidiolsäure (CBDA) - Vorläufer von CBD, entzündungshemmend.
  • Cannabigerolsäure (CBGA) - Grundbaustein für THC, CBD und CBG.
  • Δ⁸‑Tetrahydrocannabinol (Δ⁸‑THC) - weniger stark psychoaktiv, gilt als milde Variante.

Detaillierte Beschreibungen

Δ⁹‑Tetrahydrocannabinol (THC) bindet stark an den CB1‑Rezeptor im zentralen Nervensystem und erzeugt das bekannte „High“. Neben der psychoaktiven Wirkung wirkt THC schmerzlindernd, antiemetisch und stimuliert den Appetit. Die molekulare Formel lautet C₂₁H₃₀O₂.

Cannabidiol (CBD) hat eine niedrige Affinität zu CB1 und CB2, wirkt jedoch als Modulator des Endocannabinoid‑Systems. Studien belegen anti‑entzündliche, anxiolytische und antikonvulsive Effekte. Chemisch ist CBD C₂₁H₃₀O₂, identisch zu THC, jedoch mit einer anderen Ringstruktur.

Cannabigerol (CBG) ist das Ausgangsmolekül für die Synthese von THC, CBD und CBC. Es bindet schwach an beide Rezeptoren, zeigt jedoch starke antibakterielle Aktivität gegen MRSA und wirkt neuroprotektiv. Formel: C₂₁H₃₂O₂.

Cannabinol (CBN) entsteht durch Oxidation von THC. Es hat eine milde psychoaktive Wirkung und weist stark sedierende Eigenschaften auf, weshalb es häufig in Schlafhilfen vorkommt. Formel: C₂₁H₃₀O₂.

Cannabichromen (CBC) bindet kaum an CB1/CB2, wirkt aber über andere Zielstrukturen wie TRPV1. Es hat antidepressive und entzündungshemmende Effekte. Formel: C₂₁H₃₀O₂.

Tetrahydrocannabivarin (THCV) unterscheidet sich durch eine kürzere Seitenkette. In niedrigen Dosen wirkt es als Antagonist von CB1, kann den Blutzuckerspiegel senken und den Appetit dämpfen. Formel: C₂₀H₃₀O₂.

Cannabidivarin (CBDV) teilt die Struktur von CBD, jedoch mit einer kürzeren Kette. Es wird für die Behandlung von Teil‑ und Grand‑Mal‑Anfällen erforscht. Formel: C₂₀H₃₀O₂.

Tetrahydrocannabinolsäure (THCA) ist die Vorstufe von THC. Durch Decarboxylierung (Erhitzen) wird THCA zu THC. THCA besitzt entzündungshemmende und neuroprotektive Eigenschaften, ohne psychoaktiv zu sein. Formel: C₂₂H₃₀O₄.

Cannabidiolsäure (CBDA) ist die saure Vorstufe von CBD, ebenfalls nicht psychoaktiv und stark entzündungshemmend. Bei Erhitzung wird CBDA zu CBD. Formel: C₂₂H₃₀O₄.

Cannabigerolsäure (CBGA) ist die zentrale Vorstufe, aus der THCA, CBDA und CBGA gebildet werden. Sie wirkt antibakteriell und unterstützt das Wachstum von Cannabispflanzen. Formel: C₂₂H₃₀O₄.

Δ⁸‑Tetrahydrocannabinol (Δ⁸‑THC) hat eine leicht veränderte Doppelbindung, was zu einer milderen psychoaktiven Wirkung führt. Es wirkt zudem antientzündlich und angstlösend. Formel: C₂₁H₃₀O₂.

Vergleichstabelle der 11 Cannabinoide

Eigenschaften der wichtigsten Cannabinoide
Cannabinoid Psychoaktiv Hauptrezeptor‑Affinität Therapeutische Wirkung Legalität (DE)
THCJaCB1 starkSchmerz, Appetit, ÜbelkeitBetäubungsmittel
CBDNeinModulatorEntzündung, Angst, EpilepsieLegal (max. 0,2% THC)
CBGNeinSchwach CB1/CB2Antibakteriell, NeuroprotektionLegal
CBNLeichtCB1 schwachSchlaf, SchmerzLegal
CBCNeinTRPV1/PPARγEntzündung, AntidepressivLegal
THCVJa (hoch dosiert)CB1 AntagonistAppetit‑hemmend, DiabetesLegal (max. 0,2% THC)
CBDVNeinModulatorEpilepsie, NeuropathieLegal
THCANeinKeine BindungEntzündungshemmendLegal (frisch)
CBDANeinKeine BindungEntzündungshemmendLegal (frisch)
CBGANeinKeine BindungAntibakteriellLegal
Δ⁸‑THCLeichtCB1 moderatAngst‑lindernd, SchmerzLegal (unter 0,2% THC)
Zusammenhang mit dem Endocannabinoid‑System

Zusammenhang mit dem Endocannabinoid‑System

Das Endocannabinoid‑System (ECS) besteht aus den Rezeptoren CB1 und CB2, den körpereigenen Liganden (z.B. Anandamid) und Enzymen, die deren Abbau steuern. Cannabinoide wirken als exogene Modulatoren. Während THC primär CB1 stimuliert und so psychoaktive Effekte erzeugt, beeinflussen CBD und CBG beide Rezeptoren indirekt und erhöhen das Vorhandensein von Anandamid, was zu einer allgemeinen Balance führt.

Ein klarer Zusammenhang besteht zwischen der Bindungsaffinität und der klinischen Wirkung: Hohe CB1‑Affinität ⇢ psychoaktiv + Analgesie; hohe CB2‑Affinität ⇢ Immunmodulation + Entzündungshemmung. Diese Prinzipien helfen, das passende Cannabinoid‑Profil für individuelle Bedürfnisse zu wählen.

Anwendung und Dosierung - Praxis‑Tipps

Die Wahl des richtigen Cannabinoids hängt von Ziel, Aufnahmeweg und individueller Empfindlichkeit ab. Hier ein kurzer Leitfaden:

  1. Schmerzlinderung: THC (0,5‑5mg) oder ein THC‑reiches Vollspektrum‑Produkt. Kombiniere ggf. mit CBG für entzündungshemmende Unterstützung.
  2. Angst & Schlaf: CBD (10‑25mg) oder CBN (2‑5mg) abends. Beide sind nicht psychoaktiv, fördern Entspannung.
  3. Appetit & Metabolismus: THCV (1‑3mg) vor den Mahlzeiten kann den Appetit zügeln und den Blutzucker stabilisieren.
  4. Epilepsie: CBDV (5‑15mg) oder CBD (20‑30mg) - klinisch unterstützt bei seltenen Anfallsformen.
  5. Hautgesundheit: Topische Anwendung von CBG‑ oder CBC‑reichen Cremes wirkt antibakteriell und fördert die Wundheilung.

Bei oraler Einnahme empfiehlt es sich, mit der niedrigsten Dosis zu starten und schrittweise zu erhöhen, um die persönliche Toleranz zu ermitteln.

Forschung, Trends und Ausblick

Die letzten fünf Jahre zeigen einen deutlichen Anstieg von Studien zu Minor‑Cannabinoiden wie CBG und THCV. Klinische Prüfungen untersuchen die Wirkung von CBGA bei bakteriellen Infektionen und von Δ⁸‑THC bei Angststörungen. Parallel dazu wächst das Interesse an Full‑Spectrum‑Extraktionen, die das „Entourage‑Effekt“-Prinzip nutzen - die Kombination mehrerer Cannabinoide und Terpene erzielt stärkere Effekte als isolierte Substanzen.

Zukünftige Entwicklungen könnten synthetische Cannabinoide umfassen, die gezielt an CB2 binden, um Entzündungen zu bekämpfen, ohne psychoaktive Nebenwirkungen. Auch die genbasierte Züchtung von Hanf‑Sorten, die hohe CBG‑Konzentrationen produzieren, wird die Marktlandschaft weiter diversifizieren.

Häufig gestellte Fragen

Häufig gestellte Fragen

Was ist der Unterschied zwischen THC und Δ⁸‑THC?

Δ⁸‑THC hat eine leicht veränderte Doppelbindung, wodurch die Psychoaktivität deutlich schwächer ausfällt. Die anti‑entzündliche und angstlösende Wirkung bleibt jedoch erhalten, was Δ⁸‑THC für medizinische Anwendungen attraktiv macht.

Warum ist CBD nicht psychoaktiv?

CBD hat eine sehr geringe Affinität zu den CB1‑Rezeptoren, die für das „High“ verantwortlich sind. Stattdessen moduliert es das Endocannabinoid‑System, erhöht zum Beispiel den Spiegel von Anandamid, ohne die zentrale Signalübertragung zu stören.

Welches Cannabinoid eignet sich am besten für Schlafprobleme?

CBN wird häufig für Schlaf eingesetzt, weil es leicht sedierend wirkt. Eine Kombination aus CBN und einem niedrigen Anteil THC kann die Wirkung verstärken, ohne ein starkes High zu erzeugen.

Kann man CBG zur Behandlung von Hautinfektionen nutzen?

Ja, Laborstudien zeigen, dass CBG stark antibakteriell gegen MRSA ist. Topische Cremes mit hohem CBG‑Gehalt werden derzeit klinisch getestet, um chronische Hautinfektionen zu behandeln.

Wie wird THCA in THC umgewandelt?

Durch Erhitzen (Decarboxylierung) verliert THCA eine Carboxylgruppe (CO₂) und wird zu psychoaktivem THC. Dieser Prozess findet beim Rauchen, Verdampfen oder beim Backen von Cannabis‑Lebensmitteln statt.

Sind Cannabinoide aus Hanf legal in Deutschland?

Ja, sofern der THC‑Gehalt 0,2% nicht überschreitet. Produkte, die nur CBD, CBG, CBC oder andere nicht‑psychoaktive Cannabinoide enthalten, dürfen frei verkauft werden.